Weltartenkonferenz in Panama: Haie, Reptilien und Tropenhölzer sind künftig stärker geschützt

Endlich wurden vom 14. bis 25. November auf der Weltartenkonferenz in Panama (der 19. Vertragsstaatenkonferenz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens CITES COP19), weitreichende Handelsbeschränkungen und -verbote zum Schutz von handelsbedingt gefährdeten Tier- und Pflanzenarten beschlossen, insbesondere von marinen Arten, Reptilien und Amphibien sowie tropischen Baumarten. Laut Mitteilung des Bundesumweltministeriums nahmen mehr als 2500 Delegierte aus 170 der 184 Vertragsstaaten sowie Vertreter*innen von internationalen Organisationen und Nichtregierungsorganisationen teil. Von deutscher Seite war der Präsident des DGHT und Nafor-Präsidiumsmitglied Dr. Markus Monzel anwesend.

Laut Bundesumweltministerium hat diese Weltartenkonferenz erstmals rund 100 Hai- und Rochenarten, 150 tropische Baumarten sowie über 200 Reptilien- und Amphibienarten unter internationalen Schutz gestellt. Das ist eine wichtige Vorlage für die Weltnaturkonferenz in Montreal, die nächste Woche beginnt. Allerdings wird nun Australien angedroht, das Great Barrier Riff an seiner Nordküste aus der Weltnaturerbe-Liste zu streichen, wenn nicht mehr für den Schutz der wärmebedingt ausbleichenden Korallen getan wird.

Wichtig war die Unterschutzstellung zahlreicher für die Fischerei relevanter Arten wie die Requiemhaie (Carcharhinidae), darunter der stark befischte Blauhai, Hammerhaie (Sphyrnidae), Gitarrenrochen (Rhinobatidae) und Seegurken (Thelenota spp.). Deutschland hatte sich sehr für diese Anträge eingesetzt, weil Haie und Rochen nach Amphibien inzwischen die am zweitstärksten bedrohte Wirbeltierklasse sind. Maßgeblich verantwortlich dafür ist der internationale Handel mit Haiflossen und anderen Produkten. Mit den nun beschlossenen Listungen auf Anhang II fallen statt der bisherigen 25 Prozent ca. 90 Prozent des Handels unter die Nachhaltigkeitskontrolle von CITES. Damit ist ein wichtiger Schritt für einen besseren Schutz dieser für stabile Ökosysteme wichtigen Arten getan. Nach Auffassung des Naturschutzforums Deutschland (NaFor) ist zu hoffen, dass damit endlich die auch hierzulande auf den Speisekarten von China-Restaurants stehenden Haifischflossensuppen der Vergangenheit angehören, weiß man doch, dass damit ein grausames und tierquälerisches Abschneiden der Flossen bei lebendigem Leibe verbunden ist.
Die Unterschutzstellung zahlreicher Holz liefernder Baumarten und Medizinalpflanzen war eine Priorität für die deutsche Delegation. Gelistet wurden stark gehandelte Tropenhölzer wie zum Beispiel Ipé (Handroanthus spp., Roseodendron spp. und Tabebuia spp.) und Cumaru (Dipteryx spp.). Zukünftig können nur nachhaltig gewonnene Hölzer dieser Arten international gehandelt werden. Das bedeutet: Es darf nur noch so viel Holz entnommen werden, wie nachwachsen kann.

Massiv gefährdet ist auch die Baumart Paubrasilia echinata, deren als Fernambuk bekanntes Holz für hochwertige Bögen von Streichinstrumenten genutzt wird. Das Ergebnis der Verhandlungen, den Export dieser endemischen Art aus Brasilien entsprechend zu begrenzen und umfassend zu kontrollieren.
Die CITES CoP19 hat zahlreiche Listungen für Reptilien- und Amphibienarten beschlossen, darunter 21 Anträge zu Arten, die im Lebendtierhandel vorkommen. Vier der eingereichten Anträge stammten von der EU, darunter zwei von Deutschland erarbeitete Vorschläge zur Listung des für Laos endemischen und stark gefährdeten Laos Warzenmolch (Laotriton laoensis) und der stark gehandelten grünen Wasseragame (Physignathus cocincinus).

Auch Seegurken gehören zu den gefährdeten marinen Stachelhäutern und sollen nun stärker geschützt werden.



Deutschland unterstützt die Umsetzung der von CITES vorgesehenen Kontrollinstrumente durch eine Vielzahl von Projekten, zum Beispiel zur besseren Durchführung von Nachhaltigkeitsprüfungen, global abrufbarer digitaler Anwendungen und Schulungen. Die Bundesregierung hat für diese Arbeit auf der CITES CoP19 viel Zuspruch und Anerkennung erhalten. Zu danken ist für die Gesamtorganisation dem Generaldirektor des International Union for Conservation of Nature (IUCN, CH-Gland) Dr. Bruno Oberle, der informative Interviews über die Medien zum Ergebnis der Panama-Tagung abgegeben hat.
Das BMU über das Washingtoner Artenschutzübereinkommen:

Das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen, CITES, trat am 1. Juli 1975 in Kraft. Es regelt die Ein- und Ausfuhr von derzeit circa 40.000 bedrohten Tier- und Pflanzenarten. Kerninstrumente des Übereinkommens sind Ein- und Ausfuhrgenehmigungspflichten.

Die CITES CoP19 befasste sich mit insgesamt 52 Vorschlägen zur Änderung der Anhänge I – III des Abkommens betreffend Beschränkungen des Handels mit Arten sowie mit über 90 Arbeitsdokumenten mit Entscheidungs- und Resolutionsvorschlägen aus verschiedenen Bereichen des Abkommens, u.a. Wildtierhandel und Zoonosen sowie Vollzug und Durchsetzung.


Bezug: BMU-Pressedienst 165/22 Berlin, 25. 11. 2022


Fachtagung zur Ökologie der Fische vom 17. bis 20. November 2022 in Wien

Die Gesellschaft für Ichthyologie e.V. (GfI) lädt ein zu ihrer 18. Jahrestagung vom 17. (15 Uhr) bis zum 20. November 2022 in das Naturhistorische Museum Wien, Maria-Theresien-Platz 2, 1010 Wien.

Schwerpunkte werden sein: die Ökologie, Biodiversität, Ethologie und Systematik der Fische. Im Lichte der Wiener Fischsammlung geht es speziell um die „Biodiversität von Phoxinus spp. in Europa“ (Elritzen-Gruppe) und um „Höhlenbewohner des dinarischen Karstes“.

Die Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch. Die Tagungsgebühren liegen zwischen 15 / 55 / 75 EUR. Anmeldung unter: GfI2022@nhm-wien.ac.at

Weitere Informationen siehe: https://www.ichthyologie.de/gfi-tagung-2022/


Fischsterben an der Oder: Seitengewässer vor eindringendem Oder-Wasser schützen

Naturschutzforum macht auf die Bedrohung der Oder-Seitengewässer bei ansteigenden Wasserständen aufmerksam

Slonsk.  Das katastrophale Fischsterben an der Oder dürfte Folgen haben, wenn es im Herbst erst einmal wieder zu normalen bis höheren Wasserständen kommen wird. Dann wird es nach Auffassung von Vertretern des Naturschutzforum Deutschland (NaFor) vermehrt zum Austausch des Oder-Wassers mit Wasserkörpern aus den Nebengewässern kommen. Das ist zurzeit wegen der Niedrigwasserstände noch nicht eingetreten. Umso mehr muss dafür Sorge getragen werden, dass negative Einflüsse des Oderwassers auf die Nebengewässer verhindert oder eingegrenzt werden. 

Noch ist die Ursache für das Fischsterben nicht abschließend geklärt. Laut Hinweisen von Sascha Maier und Christian Wolter vom BUND fällt die massenhafte Vermehrung der einzelligen, geißelbeweglichen Alge Prymnesium parvum auf. Nachgewiesen wurden 200 Mikrogramm pro Milliliter mit mehr als 100.000 Zellen. Diese Algenart ist als Giftbildner bekannt, die bei Massenauftreten Fischsterben verursacht (Linne von Berg[1]). Bei den Toxinen, die sie produziert, handelt es sich vor allem um hämolytische Galactolipide. Als mixotrophe, d.h. auch Photosynthese betreibende Alge könnte sie für den festgestellten erhöhten Sauerstoffgehalt des Oderwassers verantwortlich sein. Besonders gut entwickelt sich diese Alge, die eigentlich im Brackwasser vorkommt, bei hohen Salzgehalten und hohen pH-Werten. Beide Parameter wurden im Oderwasser nachgewiesen. Offensichtlich sind an der Oder mehrere Faktoren zusammengekommen: eine anhaltende Zufuhr von Abwässern aus Industrie, Gewerbe und Siedlungen entlang der Oder, möglicherweise kurzzeitige Einleitungen giftiger Konzentrate aus Papierfabriken, Kläranlagen oder/und fahrenden Tankwagen, hohe Temperaturen, hohe Salzgehalte und pH-Werte und eine daraus resultierende Algenblüte. Die Auswirkungen auf die Fischfauna sind umso schwerwiegender, je niedriger der Verdünnungsgrad infolge des Wassermangels ist. Irgendwann ist der letale Kipppunkt erreicht.

Prognosen, dass sich die ursprünglichen Lebensgemeinschaften in der Oder nach und nach aus den Seitenräumen wieder ansiedeln und aufbauen lassen, so wie es beispielsweise 1986 beim Sandoz-Chemieumfalls am Oberrhein der Fall war, sieht das Naturschutzforum kritisch. Die Gefahr für die ökologische wertvollen Seitenräume wird dabei außer Acht gelassen. Es muss vermieden werden, die Oder-Seitenräume zu früh als Flächenfilter zu nutzen und sie ebenfalls zu kontaminieren. Mitarbeiter von NaFor waren langjährig mit Biologen der Universität Poznan (Posen) daran beteiligt, dass der Nationalpark Slonsk – Kostryn entlang der Wartha ökologisch aufgewertet wurde. Sollten belastete Wasser- und Schlammfrachten sowie diffuse Schwebstoffe in Zeiten wiederansteigender Wasserstände in dieses wertvolle Wasservogelbiotop eindringen, könnte es zu eingeschleppten weiteren Belastungen oder Vergiftungen in Nahrungsketten kommen. Betroffen wären allein ca. 180 Tausend Wildgänse im Winterquartier, aber auch Tausende von Enten, Watvögeln, Reihern, Kormoranen, Bibern und die gesamte reiche Wasservegetation und Gehölze der Weichholz-Auenlandschaft. Es bedarf also schon jetzt im Kontaktbereich der Nebenflüsse der notwendigen Schwellen und Sperren, um die Lebensgemeinschaften ganzjährig zu schützen. Dazu zählt auch die gesamte Palette des Phyto- und Zooplanktons der Nahrungskette, die im Austausch mit dem Flussbett und Niederungsgründen steht.

[1] K.-H. Linne von Berg u.a. (2012): Der Kosmos-Algenführer, Franckh Kosmos Verlag, Stuttgart, 368 Seiten

Was ist jetzt zu tun? Zum einen sind kurzfristig Sofort-Maßnahmen umzusetzen, wie sie bereits in Regie der Bundesländer bzw. der Wojewodschaft Westpommern mit Unterstützung der Feuerwehren, des THW und der Vereine und Anlieger laufen. Das müsste jedoch besser koordiniert werden (in Polen wurde die Armee damit beauftragt). Zum anderen ist kurz- bis langfristig die gesamte Palette der Abwassertechnik zu installieren. Verendete Tiere sind weiterhin kontinuierlich einzusammeln und zu verbrennen. Bislang wurden mehr als 100 Tonnen Fischkadaver auf deutscher und polnischer Seite eingesammelt.

Notwendig ist ein Messstellennetz mit automatisierter Probenahme und Auswertung wichtiger Parameter wie bspw. Sauerstoffgehalt, Leitfähigkeit, Nitrat, Schwermetalle und organischer Schadstoffe, speziell Pestizide. Folgen muss eine unverzügliche Meldung erster Anzeichen von Belastungen an eine zentrale, internationale Expertengruppe, die die Situation umgehend bewertet und Informationen an die zuständigen Behörden und Gebietskooperationen (gem. EU-Wasserrahmenrichtlinie) auf beiden Seiten der Oder weiterleitet.

Ähnlich wie entlang der Küstengewässer üblich, bedarf es im Mündungsbereich der Seitengewässer effektiver Schleusungs- und Sperrsysteme, die aufsteigenden laichbereiten Organismen die Passage ermöglichen, die Seitenräume im Hinterland jedoch durch Sperrtore vor eindringenden Fluten aus Hochwasser-Ereignissen schützen. Hier verfügen die staatlichen Fachbehörden (StALU u.a.), Forschungsinstitute sowie Wasserverbände, aber auch zahlreiche Fischerei- und Angelvereine über einschlägige Erfahrungen und Anwendungsbeispiele.

Mittelfristig ist ein Programm zum Ausbau aller Kläranlagen im Einzugsgebiet der Oder zu konzipieren und umzusetzen. Das schließt auch die Steigerung der vorhandenen Klärstufen bis zum Ausbau von Absetz- und Schönungsteichen ein. Auf eine weitere Kanalisation der Oder ist zu verzichten. Bund und Länder haben auf diese Umweltkatastrophe an der Oder zu spät reagiert. Sie sind nun für die Revitalisierung verantwortlich, damit sich wieder lebensfähige Ökosysteme einstellen. Davon hängt auch die Zukunft des an die Oder gebundenen Tourismus, der Fischerei, des fischverarbeitenden Gewerbes und der anrainenden Viehhaltung ab, die zu entschädigen wären.  Wann das in welchem Umfang der Fall sein wird, bleibt abzuwarten und hängt auch vom politischen Willen ab, so die Meinung des Naturschutzforums.

Weitere Informationen unter www.nafor.de


Institutionen für den Bereich des westlich gelegenen Oder-Ufers:

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV),10117 Berlin, www.bmuv.de  

Internationale Kommission zum Schutz der Oder gegen Verunreinigung (IKSO), Wrocław (Breslau), www.mkoo.pl

Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg (MLUK), 14467 Potsdam, www.mluk.brandenburg.de

Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern, 19061 Schwerin, www.regierung-mv.de

Staatliche Ämter für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern (StALU), 17033 Neubrandenburg, www.stalu-mecklenburgische-seenplatte.de

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), 12587 Berlin, www.igb-berlin.de

Institut für Binnenfischerei e.V., 14469 Potsdam-Sacrow, www.ifb-potsdam.de


Insektenschonende Mähtechnik im Grünland

Projekt der Universität Hohenheim

Pressemitteilung des BMUV und des BfN vom 05.07.2022

Eine insektenfreundlichere Mahd könnte bundesweit Insektenleben retten: Studien belegen, dass durch heute übliche Verfahren zur Mahd landwirtschaftlicher Grünflächen ein Großteil der dort lebenden Insekten getötet wird. Das Projekt „InsectMow“ der Universitäten Hohenheim und Tübingen entwickelt deshalb schonende Mähtechniken, mit denen die hohe Insektensterblichkeit minimiert werden kann. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und das Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerium (BMUV) fördern das Vorhaben im Bundesprogramm Biologische Vielfalt mit rund 648.000 Euro.

BfN-Präsidentin Sabine Riewenherm: „Insekten sind die Grundlage stabiler Nahrungsnetze und erfüllen wichtige Funktionen in unseren Agrarökosystemen. Wenn die Zahl und Vielfalt der Insekten abnehmen, verschlechtern sich auch die ökologischen Leistungen auf landwirtschaftlichen Flächen drastisch. In der landwirtschaftlichen Praxis werden vor allem Scheibenmähwerke breit angewendet, deshalb ist die Notwendigkeit hoch, diese insektenfreundlicher zu konstruieren.“

Hintergrund
Bis zu fünf Mahden pro Jahr über viele Jahre hinweg sorgen für einen massiven Rückgang von Insekten auf landwirtschaftlich genutztem Grünland. Im Projekt „InsectMow“ sollen Scheibenmähwerke deshalb so modifiziert werden, dass beim Mähen weniger Insekten getötet werden. Zusätzlich wird eine effektive, am Mähwerk anzubauende Insektenscheuche entwickelt, die Insekten zur Flucht vor dem Mähwerk veranlasst. Mit diesen zwei Ansätzen soll die Insektensterblichkeit durch Mähen im Grünland minimiert werden.

Das Projekt wird von Fachleuten der Agrartechnik und Tierökologie der Universitäten Hohenheim und Tübingen durchgeführt. Die Entwicklung erfolgt schrittweise: Die von den Agraringenieur*innen gemeinsam mit dem Mähwerkshersteller Claas Saulgau GmbH entwickelten Mähwerkmodifikationen werden von Tierökolog*innen in Freilanduntersuchungen in Bezug auf ihre Effekte auf Insekten und Spinnen erprobt, anschließend weiterentwickelt und erneut im Freiland getestet. Mit der DLG-Prüfstelle Groß-Umstadt werden ein standardisiertes Testverfahren für insektenfreundliche Mähtechnik und ein entsprechendes Label für die Anwendung in der Praxis erarbeitet, damit die Neuentwicklung Eingang in den Markt findet.

Das am Projekt beteiligte Institut für Agrartechnik der Universität Hohenheim ist weltweit führend in der Entwicklung innovativer Techniken im Agrarbereich. Die beteiligten Tierökolog*innen der Universitäten Hohenheim und Tübingen befassen sich seit vielen Jahren mit den Ursachen und Folgen des Insektensterbens.

Projekt-Steckbrief „InsectMow“: https://bit.ly/insectmow

Weitere Informationen zum Bundesprogramm Biologische Vielfalt: https://biologischevielfalt.bfn.de/bundesprogramm 

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Der Schutz von Insekten wie z.B. Schmetterlingen geht einher mit der Förderung von Wildkräutern und Gebüschen bis zur Samenreife. Fotos: BSHnatur

Rückhaltung von Niederschlägen muss intensiviert werden

NaturschutzForum drängt auf schnellere Umsetzung

Hannover. Der ständige Wechsel zwischen extremen Wetterlagen und die fehlende Reaktion vieler Haus- und Grundeigentümer veranlasst das Naturschutzforum Deutschland (NaFor), zum wiederholten Male auf einfache Möglichkeiten zum Gegensteuern hinzuweisen. Man müsse das nur konsequent in die Tat umsetzen, mit gutem Beispiel vorangehen und nicht darauf warten, dass es schon andere richten würden. In vielen Gemeinden gebe es bereits Vorgaben zur Verrieselung des Dachwassers. Denn dieses Dachwasser würde durch die Bebauung dem Grundwasser vorenthalten, wenn es über die Kanalisation dem nächsten Wasserzug oder der Kläranlage zugeführt werde. Es sei denkbar einfach, die Fallrohre mit einer Schluckklappe oder Umleitung in den Garten zu versehen.

Niederschläge vom Dach können in Regentonnen mit Überlauf aufgefangen werden, auch in weiterem Abstand zum Wohngebäude (links). In einem größeren Garten lassen sich Niederschläge in einem Teich oder einer entsprechenden Mulde auffangen (rechts). Fotos: BSHnatur

Nach Auffassung des Präsidenten des Naturschutzforums, Prof. Helmut Schmidt, müsse jeder Flächeneigentümer dazu beitragen, das wertvolle Regenwasser in kleineren oder größeren Mengen vor Ort dem Grundwasser zuzuführen. Der Fantasie seien dabei keine Grenzen gesetzt, denn es ließen sich – je nach Platz – auch Regenfässer, Teiche oder Wasserkaskaden einbauen. Auch ehemalige Zisternen und Dreikammer-Klärgruben könnten  reaktiviert werden, um das Regenwasser z. B. für eine spätere Gartenbewässerung und Zuführung zum Grundwasser aufzufangen.

Darüber hinaus sollten auf allen kleinen und größeren Flächen zu tief ausgebaggerte Rinnen, Gräben und Vorfluter durch Schotter, Sohlschwellen oder niedrige Staus angehoben und Gewässer wieder zu mäandrierenden Haupt- und Seitengewässern rückgebaut werden. Besonders in der Verantwortung stünden hier die zahlreichen Wasser- und Bodenverbände, die bisher mehrheitlich eher agrarwirtschaftlichen Interessen zuarbeiten als im Sinne der Bevölkerung und beitragszahlenden Mehrheit zu handeln und für einen Biotopverbund zu sorgen.

Musste bislang nur der „ordnungsgemäße“ Wasserabfluss im Falle von Überschwemmungen gewährleistet werden, steht heute angesichts der zunehmenden Dürren mitten in der Vegetationsperiode die „ordnungsgemäße Wasserrückhaltung“ gleichberechtigt im Vordergrund aller Immobilienbesitzer, Wasserverbände, Behörden und des Gesetzgebers. Finanzieren ließe sich das durch anteilige Abwassergebühren, Wasserpfennige oder die Vorgabe, dass das Entwässerungsgeld zur Hälfte zum Rückbau verpflichtend durch die Verbände einzusetzen ist.

Rückgebauter Fluss mit zwei mehrere hundert Meter langen neuen Schleifen (Mäander) im Luftbild. Diese verlängern die Fließtrecke, so dass Flutwellen weiter unterhalb gelegene Orte erst deutlich später erreichen, also mehr Zeit für den Abfluss lassen und das Hochwasserrisiko mindern. Grafik im Ausschnitt: HWA / LGLN.

NaturschutzForum fordert Änderung der Wasserverbandsgesetzgebung

NaturschutzForum fordert in einem Schreiben an Minister Özdemir mehr demokratische Beteiligung der Bevölkerung

Wardenburg. In einem Schreiben an den Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, hat das Naturschutzforum Deutschland (NaFor) eine Anpassung des Bundeswasserverbandsgesetzes an die aktuelle Situation im Zuständigkeitsbereich der Wasser- und Bodenverbände angeregt. Dies sei lange überfällig, so NaFor-Präsident Prof. Dr. Helmut Schmidt.

Die große Mehrheit der beitragszahlenden Grundbesitzer als „Zwangsmitglieder“ zugunsten der weiträumigen Entwässerung müsse über ein vereinfachtes demokratisches Mitwirkungsverfahren besser beteiligt werden. Bislang bestimme die flächenmäßige Betroffenheit über das Stimmrecht, also auch über den Haushalt und ökologisch wirksame Leistungen. Leider begünstige das aktuell gültige Gesetz aber die einseitige Besetzung von Vorständen (aktuelles Beispiel: 5 Mitglieder aus 5 Landwirten). Es müsse gewährleistet sein, dass auch Staatsforst, Naturschutzverbände und Bevölkerung im besiedelten Bereich gleichermaßen repräsentiert werden. Entsprechend sollten sich auch die Wasserbehörden der Länder, Landkreise und Kreisfreien Städte als Aufsichtsbehörden orientieren.

Zu novellieren wäre zum Beispiel § 13 des Wasserverbandsgesetzes (Feststellung der Beteiligten, Stimmenzahl). Er lautet in einer kaum vom einfachen Leser und Beitragszahler zu verstehenden Formulierung:

§ 13 (1) Für das Errichtungsverfahren hat die Aufsichtsbehörde die Beteiligten festzustellen. Sie hat ferner die auf jeden Beteiligten entfallende Stimmenzahl zu ermitteln. In einem Verfahren mit mehr als zwei Beteiligten hat kein Beteiligter mehr als zwei Fünftel aller Stimmen.

(2) Maßstab für die Festlegung der Stimmenzahl ist grundsätzlich der Vorteil, den der Beteiligte von der Durchführung der Verbandsaufgaben zu erwarten hat. Hat ein Beteiligter von der Durchführung der Verbandsaufgaben nur einen Nachteil zu erwarten oder überwiegt der Nachteil gegenüber dem zu erwartenden Vorteil, ist Maßstab für die Festlegung der Stimmenzahl der Nachteil. Eine annähernde Ermittlung des Vorteils oder Nachteils reicht aus.

Es besteht also zu Zeiten der Ampelkoalition dringender Handlungsbedarf für die Novellierung des Gesetzes, so das Naturschutzforum. Minister Özdemir wird gebeten, sich für die Änderungen einzusetzen.

Quelle: Gesetz über Wasser- und Bodenverbände (Wasserverbandsgesetz – WVG)
G. v. 12.02.1991 BGBl. I S. 405; zuletzt geändert durch Artikel 1 G. v. 15.05.2002 BGBl. I S. 1578; Geltung ab 01.05.1991; FNA: 753-11 Wasserwirtschaft


Schnellere Wiederherstellung von Ökosystemen über Wegerandstreifen

NaturschutzForum Deutschland sieht Handlungsbedarf ohne Zeitverzug

Wardenburg. Im Rahmen der UN-Dekade Biologische Vielfalt wird zur Wiederherstellung, Erhaltung und Pflege von Ökosystemen aufgerufen. Als ein wichtiges Beispiel hält es das NaturschutzForum Deutschland (NaFor) für lange überfällig, die im öffentlichen Eigentum stehenden Wegränder und andere Saumbiotope wiederherzustellen, sollten sie zu Unrecht durch Anlieger in Anspruch genommen worden sein. Das sind auch keine Einzelfälle, so ein Sprecher der Naturschutz-Dachvereinigung. Vielmehr gäbe es zahlreiche Flächeneigentümer, die das der Allgemeinheit gehörende fremde Eigentum zugunsten eigener Wirtschaftsinteressen unter den Pflug nähmen.

Davon betroffen sind verschiedenste Grenzflächen. So gibt es zum Beispiel ehemalige Schaftriften, die ursprünglich bis zu 30 Meter Breite aufwiesen und heute auf eine nur für einen Trecker befahrbare Breite verschmälert worden seien. Es bleibe dann kein Platz mehr für Ruhestreifen aus Wildkräutern und Gebüschen. Deren Blütenangebot, Samen- und Fruchtphasen seien aber elementare Grundlage für bestäubende Fluginsekten und die damit zusammenhängenden Nahrungsnetze.

Flächeneigentümern müsse klar sein, so das NaturschutzForum, dass öffentliche Flächen gerade zu Brut- und Überwinterungszwecken nicht verändert werden dürfen. Im Gegenteil, jede ökologisch rücksichtsvolle und vorausschauende Bewirtschaftung qualifiziert die Anlieger, bei der Vergabe von EU-Fördermitteln verstärkt berücksichtigt zu werden. Gemeinschaftsaktionen von Naturschutzvereinen und Landschaftspflegeverbänden mit naturschutzrelevanten Behörden, Unterhaltungs- und Realverbänden und Wegegenossenschaften, Landvolk, Landfrauen, Jägern und Fischern, aber auch allen anderen Vereinen sowie Interessierten wie Feuerwehr und THW werden vom NaFor aufgerufen, sich auch gemeinschaftlich um die Wiederherstellung von Wegerandstreifen zu kümmern.

Naturschutz basiert primär auf Flächenschutz. Also lautet die Devise, alles illegal in Nutzung Genommene aus der Bewirtschaftung herauszunehmen und als Brache liegen zu lassen. Damit werde die natürliche Wiederbesiedlung durch Wildkräuter und Stauden gefördert. Einzelmaßnahmen wie  Blühstreifen und Lerchenfenster können das nicht ausgleichen. Die Natur organisiert sich über viele Quadratkilometer wiederhergestellter Wegrand-Flächen selbst. Was zu tun ist, zeigen bundesweit viele gute Beispiele.

Mehr zum Thema siehe folgende Links von NaFor und Mitgliedsvereinen:

http://www.bsh-natur.de/uploads/%C3%96koportr%C3%A4ts/BSH-1_13_Hasel_final.pdf

http://www.bsh-natur.de/uploads/Merkbl%C3%A4tter/023-Die%20Flora%20der%20Stra%C3%9Fen-%20und%20Wegr%C3%A4nder.pdf

http://www.bsh-natur.de/uploads/%C3%96koportr%C3%A4ts/017%20-%20Ackerwildpflanzen.pdf

Schmaler Feldweg, eingeengt zwischen Äckern. Randstreifen und Hecken fehlen. In dieser agrarindustriellen Wüste ist für Insekten und bodenbrütende Vögel kein Platz. Sofern öffentlicher Grund und Boden unzulässigerweise genutzt werden, ist die natürliche Wiederansiedlung zu fördern. Das sollte eigenverantwortlich geschehen. Diese „Renaturierung“ kann auch in Gemeinschaftsaktionen zügig umgesetzt werden. Foto: BSHnatur

Biodiversitätszentrum Rhön: Hirschkäfer gesucht!

Bayerisches Landesamt für Umwelt – Pressemitteilung Nummer 18/22 (Auszug)

https://www.lfu.bayern.de/pressemitteilungen/c/1677968/18-22-biodiversitaetszentrum-rhoen-hirschkaefer-gesucht

Mit bis zu neun Zentimetern Länge gehört der Hirschkäfer zu den größten heimischen Käferarten und ist auch von Laien gut zu erkennen – darauf bauen das Biodiversitätszentrum Rhön (BioZ) im Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU), die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) sowie der Verein Hirschkäferfreunde Nature Two e.V. Sie wollen sich ein genaues Bild von der Verbreitung dieses gefährdeten und naturschutzfachlich bedeutsamen Käfers in Franken machen und setzen dabei auf die Unterstützung der Bevölkerung. Wer einen Hirschkäfer entdeckt, kann seinen Fund bis 31. August 2022 online melden.

Wo sich die Suche nach dem imposanten Käfer lohnt, verrät ein Blick auf seine Lebensweise. Als Brutstätte und Nahrungsquelle für seine Larven benötigt der Hirschkäfer besonntes Totholz mit Bodenkontakt, das bereits stark zersetzt ist. Besonders beliebt sind morsche Baumstümpfe von Eichen und anderen Laubbäumen. Die erwachsenen Käfer ernähren sich dagegen von Baumsaft, der aus Baumwunden austritt, oder reifen Früchten.

Diese Voraussetzungen findet der Hirschkäfer vor allem in lichten Wäldern und an Waldrändern, aber auch im Siedlungsbereich: Nicht selten kommt er in Gärten, Streuobstwiesen, Parks, Alleen und anderen sonnigen Orten mit alten Baumbeständen vor, aber auch ein vergessener Brennholzstapel kann als Brutplatz dienen.

Die höchsten Chancen, die nachtaktiven Tiere fliegen oder krabbeln zu sehen, bestehen an schwülwarmen Abenden während ihrer Flugzeit von Mitte Mai bis Ende Juli. Die Männchen lassen sich leicht anhand ihres namensgebenden, geweihartigen Oberkiefers identifizieren. Ihre Körpergröße schwankt zwischen 3,5 und beeindruckenden 9 Zentimetern. Hirschkäferweibchen sind dagegen mit einer Länge von 3 bis 5 Zentimetern deutlich kleiner und verfügen über einen wesentlich weniger ausgeprägten Oberkiefer. Kennzeichnend sind auch die schwarzbraune Grundfarbe sowie das rotbraune Schimmern der Flügeldecken. Wer das Glück hat, einen Hirschkäfer zu entdecken, darf diesen keinesfalls der Natur entnehmen. Sie gelten in Bayern als stark gefährdet und sind gesetzlich geschützt. Unter www.hirschkaefer-suche.de können Interessierte bis zum 31. August 2022 ihre Beobachtungen mit Angabe von Fundort und Funddatum melden – am besten mit einem Foto des Käfers.

Der aus der Baumwunde austretende, rötliche Baumsaft dient dem Hirschkäferpärchen als Nahrung. Quelle: S. Finnberg

Hinweis: Für Meldungen von Fundorten sind die Naturschutzbehörden bei den Bezirksregierungen (soweit vorhanden), Landkreisen und kreisfreien Städten sowie die Landesämter (Landesbetriebe) für Naturschutz zuständig.


EU-GAP-Strategieplan. Eine Nachbesserung ist notwendig.

Das NaturschutzForum Deutschland unterstützt die Forderungen der Agrar-Plattform, Leistungen für das Gemeinwohl anstelle pauschaler Flächenprämien besser zu honorieren

Kaiserslautern. Unter Federführung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. wurde im Namen zahlreicher in der Agrar-Plattform zusammengeschlossener Verbände die Überarbeitung und Erweiterung des am 21. Februar 2022 durch die Bundesrepublik Deutschland eingereichten GAP-Strategieplanes gefordert. Auch das NaturschutzForum Deutschland e.V. (NaFor) unterstützt den Forderungskatalog. Mit dieser Initiative soll eine in den Zielen von Naturschutz, Tierschutz und Ernährungssicherheit besser aufeinander abgestimmte Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) in Deutschland für die kommende Förderperiode 2023-2027 umgesetzt werden. Mit allem Nachdruck lehnen es die Verbände ab, dass ihre Interessen gegeneinander ausgespielt oder umweltpolitische Gewichtungen aufgeweicht werden. Denn künftig muss gemeinsam stärker dafür eingetreten werden, dass die Naturschutzgebiete auf mind. 10% der Landesfläche erweitert werden, dass Tierzahlen und Nährstoff-Überschüsse abgebaut und die Agrarbetriebe nach ökologischen Leistungen und nicht nach Flächengröße honoriert werden. Das bedeutet eine deutliche finanzielle Umwidmung zugunsten der Direktzahlungen auf 25 (statt bislang 23) Prozent in die 2. Säule für ökologisch erbrachte Leistungen. Mit den damit jährlich zusätzlich verfügbaren Mitteln von etwa 90 Millionen EUR ließen sich ökologische Maßnahmen gezielter und nachhaltig fördern, statt pauschale Grundprämien nach Betriebsgröße zu zahlen. Betroffen wären zum Beispiel die Weidehaltung von Milchkühen, der Umbau von Tierställen, die Förderung alter Arten und Sorten (mehr Biodiversität) und die Anlage sowie langjährige Pflege von Biotopverbundsystemen.

Ansprechpartner (BUND / AbL):
Christian.rehmer@bund.net
braendle@abl-ev.de

Weiterführender Link zur Stellungnahme:
https://www.abl-ev.de/fileadmin/Dokumente/AbL_ev/Publikationen/2022-03-22_Stellungnahme_zum_GAP-Strategieplan_-_f%C3%BCr_ein_friedliches_soziales_und_umweltfreundliches_Europa_final.pdf

GAP-Strategieplan, Stand 21.02.2022 (Kurzversion):
https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Landwirtschaft/EU-Agrarpolitik-Foerderung/gap-strategieplan-kurzueberblick.pdf?__blob=publicationFile&v=2


Der Flächenerhalt ist bei Löschungen von Schutzgebieten vordringlich

Naturschutzforum fordert eine Kompensation auch kleinerer Flächen

Norden. Seit Jahrzehnten bedienen sich bestimmte Kommunen bei Flächenbedarf für andere Planungen der (teilweisen) Löschung von Schutzgebieten. Betroffen sind oft kleinflächige Landschaftsschutzgebiete, durch die Dürre der letzten Jahre trockengefallene Flächen oder auch ältere Landschaftsschutzgebiete, wie z.B. die in den 30er Jahren gem. Reichsnaturschutzgesetz ohne spezifische Angaben zum Biotopcharakter unter Schutz gestellten Areale. Argumentiert wird damit, dass die oft geringen Flächengrößen der LSGs (0,2 bis 21,2 ha), verglichen mit dem statistischen Landesdurchschnitt laut NLWKN von 805 ha, einen Landschaftsschutz nicht rechtfertigen. Auch die Abwesenheit von Rote-Liste-Arten wird als Argument zur Löschung hinzugezogen.

Das Naturschutzforum Deutschland (NaFor) hält diese schon seit Jahrzehnten zu beobachtende Praxis für nicht akzeptabel und kritisiert, dass es sich manche Kommunen zu leicht machen, wenn sie diese LSG-Flächen als Vorhalteflächen für andere Funktionen betrachten. Je kleiner die Flächen, umso eher naht das Ende, manchmal mit dem Hinweis, dass kleine Temporärgewässer beispielsweise gem. § 30 BNatSchG doch ohnehin gesetzlich geschützte Biotope seien. Nur wird dieser Schutzstatus anders als der Landschaftsschutz nirgendwo öffentlich gekennzeichnet. Hinzu kommt, dass die Löschung kleiner LSGs häufig nicht kompensiert wird, sondern Flächen ohne Ausgleich und Ersatz aus dem Schutzstatus herausgenommen werden. Oft dürften auch wirtschaftliche Interessen von Anliegern oder politischen Entscheidungsträgern den Löschungsdruck erhöhen.

Der Wert jahrzehntealter Schutzgebiete mit extensiver Bewirtschaftung oder als sich selbst überlassenen Ruhezonen liegt vor allem auch in der ungestörten Entwicklung des Bodenlebens mit Entstehung natürlicher Nährstoffkreisläufe. Vorrangiges Ziel muss es daher sein, diese Flächen zu erhalten. Lässt sich eine Löschung von Schutzgebieten nicht vermeiden, dann sollte die Kompensation mit einer nach Größe und Funktion vergleichbaren Fläche in unmittelbarer Nähe zur allgemeinen Praxis werden. Ursprünglich wurden Kompensationen bis zum Doppelten der in Anspruch genommenen Fläche auferlegt. Inzwischen wurde das auf 1:1 oder darunter reduziert.

Nach Auffassung von NaFor sind Berechnungsmodelle zur Kompensation wie das Osnabrücker Modell nur bedingt hilfreich. Denn die Vergabe von Punkten zum Ausgleich ökologischer Wertigkeiten hilft dann wenig weiter, wenn die Bestandsaufnahmen lückenhaft sind oder zum Beispiel eine Orchideenwiese durch Neuanpflanzungen von Gehölzen ausgeglichen wird, zumal noch nicht einmal garantiert werden kann, dass diese sich dann auch planmäßig entwickeln.

An die Adresse von Genehmigungsbehörden appelliert das NaFor deshalb, den Gesamtbestand an geschützten Flächen möglichst unangetastet zu lassen oder aber durch angemessene Hilfsmaßahmen zu regenerieren. 

Zur Löschung vorgesehene LSG-Fläche zugunsten einer Erweiterung von Stellplätzen für Reisemobilde. Als Ausgleich sind Blühstreifen und eine Wiese vorgesehen (mit erfahrungsgemäß unsicherer Zukunft). (Quelle: Landkreis Osnabrück, Fachdienst Umwelt 2022)