Stellungnahme zum Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Neuordnung der guten fachlichen Praxis beim Düngen (Düngeverordnung – DüV)

Anlage zum Schreiben vom  29. 03. 2015

Der gemeinsamen Stellungnahme der Verbände NABU, DNR, WWF u.a. vom 30. Januar 2015, die unter anderem sechs positive Aspekte des Entwurfs herausstellt, schließen wir uns an und ergänzen, vor allem in Rücksprache mit den Erfahrungen des Mitgliedsverbandes Biologische Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems e.V. (BSH, www.bsh-natur.de), wie folgt.

Die Situation der jahrzehntelangen lokalen bis flächenhaften Überdüngung hat vor allem in Niedersachsen, gefolgt von Regionen in Westfalen und Mecklenburg, dramatische Dimensionen angenommen. Der Trend ist schon seit den siebziger Jahren bekannt und am Beispiel der beiden Landkreise Vechta und Cloppenburg an Hand zahlreicher Vorkommnisse dokumentiert und bemängelt worden. Die damit zusammenhängende wachsende Flächennot und Existenzbetroffenheit kleinerer Betriebe wurde mit dem Aufkommen der Biogasanlagen (z.B. in den Landkreisen Oldenburg und Osnabrück je etwa 100 Anlagen) verschärft und zwingt zunehmend zur Inanspruchnahme von öffentlichen Saumbiotopen für den Maisanbau und zum Heranrücken an Gewässer und andere düngungssensible Biotope. Die von der EU vorgegebene und von NaFor befürwortete Stilllegungspflicht von 5% der Betriebsflächen scheint sich bei diesem Hintergrund äußerst schwierig realisieren zu lassen.

Die Erfassungen von Gebietskooperationen im Nordwesten (zum Beispiel GK Hunte 25 / NLWKN Oldenburg-Brake/Uw., der wir angehören) im Rahmen der EU-WRRL belegen die Situation im Einzugsbereich der heimischen Gewässer ebenfalls.  Im 2. Nährstoffbericht (206 S.)  des NMELV / LWK  Niedersachsen wird das bezüglich des Anstiegs von Gülle- und Gärresten im Zeitraum 2013-2014 zum vorausgegangenen Jahr um 2,6 Mio Tonnen (+4,5%) auf insgesamt 59,2 Mio Tonnen dargestellt, die Bruttoabgabemenge überstieg das Vorjahr sogar um +15 Prozent.. In einer Pressemitteilung vom 17. 03. 2015 wird dazu von Seiten Minister Christian Meyers festgestellt, dass die DüV das geeignete Instrument sein müsse, um das Mengenproblem anzupassen und für Datentransparenz bei der Überwachung zu sorgen (PM 17. 03. 2015, 15.03 Uhr). Das entspricht den jahrzehntelangen Forderungen der in Niedersachsen tätigen Naturschutzverbände und Trinkwasserversorger wie des OOWV. So entsprechen hier formulierte Forderungen den gleichen Aussagen zur damals (1997) neuen Düngeverordnung, deren Broschüre und Kommentare des Ministers Jochen Borchert nach wie vor aktuell sind, aber vielfach in stark betroffenen Bundesländern bis heute nicht hinreichend umgesetzt wurden.

Eine umso größerer Bedeutung kommt der aktuellen Novellierung der DüV aus Sicht des Naturschutzes, einer mehr landschaftsverträglichen Landwirtschaft, des naturerlebnis-orientierten Tourismus und der Naherholung in einer erholungswirksamen, dicht besiedelten Landschaft zu. Da der Berufsstand „Landwirtschaft“ sehr unterschiedlich strukturiert ist und überall auch das friedliche Zusammenleben mit der deutlich mehrheitlichen                                                                                                                                                                       /2

nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung im Vordergrund stehen muss, kommt der Verordnung eine herausragende Stellung zu. Im Einzelnen wäre noch Folgendes anzumerken:

  • 2 Begriffsbestimmungen Es sollten die Begriffe „Humus, Fruchtbarkeit des Bodens, Gärrückstand“ und „nachträglich eintretende Umstände“ (z.B. in § 3 /3) erläutert werden, die ersten beiden sind zentral wichtig, denn aus biologischer Sicht sind sie nicht nur mikrobiologisch (bakteriell, pilzlich, Kohlenstoffgehalt), sondern auch im Hinblick auf die Mesofauna (Bodenmilben, Springschwänze etc.) zu definieren. Unter den tierischen Düngern ist vor allem die Gülle sorgfältig auszubringen, da die mikrobiellen Lebensbedingungen durch das Verschlämmen der Porensysteme beeinträchtigt werden. Ähnliches gilt für die Ausbringung von  Gärrückständen, da deren Mikroflora anaerobe Bedingungen verstärkt. Umso wichtiger ist die Förderung der flächenangepassten natürlichen Weidemilchviehhaltung.
  • 5 Besondere Vorgaben…     Der Ausbringungszeitraum sollte konkretisiert werden (z.B. 20. Februar, zu VETTERs Zeiten war das ja der 1. März; der 31. Januar –s.(7) – wäre uns trotz Klimaänderung deutlich zu früh, der 1. Dezember für Gemüsekulturen zu spät), und zwar mit den einschränkenden Hinweisen zu anderen Terminen. Die jetzige Definition ist zu flexibel und oft grenzwertig (wohlwissend, dass z.B. Marschbauern die Gülle vielerorts auf gefrorenem Boden ausbringen müssen, da diese ansonsten nicht befahrbar sind). Der Abstand der nährstoffausbringenden Fahrzeuge zu Gewässern sollte – gemessen ab den äußersten Geräteauslegern – mind.5 m, auf feuchten Böden (Niedermoor-, Auen-, Feuchtbrache-Standorten) mind. 10 m betragen. Dies wäre über Landesregierungen  bzw. die Naturschutzbehörden festzulegen. Auf drainierten Flächen bedarf es einer (zumindest in sensiblen Gebieten) stichprobenartigen Kontrolle der Abflussrohre in die Vorfluter durch die unteren Wasserbehörden. Die Satzungen von Wasser- und Bodenverbänden schreiben ohnehin schon größerenteils Abstände von 1 m ab Böschungsoberkante vor, einige –n.u.K. in Ostfriesland- weichen aber davon durch größere Maße ab. Das sollte nicht durch die VO-Vorgabe verschlechtert werden, was auch der WRRL entgegenlaufen würde. Wir schlagen vor, die Abstandsregelung grundsätzlich auf 5 m zu erhöhen – wie es vielerorts auch schon geltendes Recht ist (z. B. NWG), das würde der Landschaft mehr Raum zugunsten der Artenvielfalt geben (und [am Rande vermerkt] zur Kompensation der flächenhaften  unzulässigen Inanspruchnahme öffentlicher Flächen beitragen).
  • 8 Nährstoffvergleich (Begünstigung kleinerer Betriebe und Milchviehweidehaltung Die verpflichtende Einführung einer vollständigen Brutto-Hoftorbilanz sollte für alle Betriebe uneingeschränkt verbindlich gemacht werden. Da die Milchviehbetriebe mit Weidewirtschaft, allemal jene mit durchschnittlicher oder geringerer Herdengröße, für den Wiesenvogelschutz von besonderer Bedeutung sind, bitten wir darum, dass gerade diese Grünlandbetriebe durch die DüV begünstigt werden. Das kommt gleichermaßen der Artenvielfalt an blühenden Gefäßpflanzen der Krautschicht auf Mähwiesen zugute, sofern zumindest flächensektoral eine Samenreife erreicht wird.
  • 9 (5) Nichteinhaltung der Vorgaben der Düngeberatung                                          Bei einem zweiten oder mehrfachen Verstoß sollten steigende Bußgelder verhängt werden. Andernfalls ist der Aufwand für eine Düngeberatung nicht zu rechtfertigen.
  • 10 (3) Aufzeichnungen sollten für 10 Jahre (wie allgemein üblich) aufbewahrt werden.

Kontakt:  Dr. Remmer Akkermann, Tel. 04407 922201 (Büro: 04407 5111)