Dioxin im Tierfutter durch illegale Praktiken

NaFor: Grundsätze des Biolandbaus bestätigt – Haftungsfonds nötig

Bremen-Oldenburg. Immer wieder werden Futter- und Lebensmittelskandale aufgedeckt. Mal waren es Kühlmittel für Autos (Glykol) im Wein, Hustenmittel in der Kälbermast, Hormone und Antibiotika bei der Tiermast, Pestizide in der Legehennenhaltung, Klärschlamm in belgischem Futter, Gammelfleisch-Verkauf in Bayern und Lastrup (Cloppenburg / Niedersachsen), zu hohe Belastungen von Milch in Deutschland, Thunfisch aus Japan, Shrimps aus Thailand und Südamerika. Nun sind es Dioxine in Eiern, Milch und Fleisch, die seit Monaten illegal über Futtermittel mit technischen Altöl-Kreisläufen zwischen Südamerika, den Niederlanden, Bösel (Cloppenburg) und Uetersen (Schleswig-Holstein) in Kontakt gebracht wurden. Bis zur 164fachen Überschreitung der maximal zulässigen Konzentration wurden festgestellt, mehrfach überhöhte Werte waren schon vor Monaten bekannt, wurden aber nicht gemeldet. Die Leidtragenden sind Tausende ordnungsgemäß wirtschaftende Landwirte, darunter auch Milchvieh- und Rindermastbetriebe, deren Aktivitäten für den Erhalt artenreicher Landschaften wichtig sind.

Das NaturschutzForum Deutschland (NaFor) sieht in dieser Aufzählung nicht nur kriminelle Energien von wenigen Futter- und Lebensmittelproduzenten und einigen ihrer Zulieferer, sondern auch ein Spiegelbild des Konsumentenverhaltens in Deutschland. Beschränkte sich der Fleischkonsum in den fünfziger Jahren noch auf das Wochenende, so wird seitdem nahezu täglich Fleisch gegessen, ob zu Hause, in Mensen oder in Kantinen. Mit dem Aufkommen der Burger-Industrie werden -wie selbstverständlich- Anreize zum mehrmaligen Fleischkonsum am Tag gegeben – es kostet relativ wenig und kaum jemand weiß, woher die im Fleisch verwerteten Tiere überhaupt kommen, unter welchen Bedingungen sie gehalten wurden Wenige machen sich Gedanken darüber, was für Folgen diese Massenproduktion von Masttieren für Landschaft und Umwelt hat, man denke nur an Mais und Gülle. NaFor warnt davor, statt die Qualität der Lebensmittel zu hinterfragen, gleich zum billigsten Produkt zu greifen. Damit sind den Schließungen wertvoller bäuerlicher Familienbetriebe, dem Tierleiden und der chemischen Belastung durch Hilfsmittel Tür und Tor geöffnet.

Es sollte nach Auffassung des NaturschutzForums Deutschland überlegt werden,außer einer strengeren Routinekontrolle durch mehr Personal in chemischen Untersuchungsämtern, die Futtermittelindustrie, zum Beispiel im Falle der Zugabe von Futterfetten, nur auf diesem Sektor produzieren zu lassen, nicht aber in Kombination mit der Verarbeitung technischer Produkte unter ein und demselben Dach. Schließlich sollte auferlegt und überprüft werden, dass solche Betriebe in zentraler Funktion über hohe Versicherungen verfügen, die Tausende von stillgelegten Höfen entschädigen und sich nicht durch einen eventuellen Konkurs der Haftung entziehen können. Ähnlich der Seuchenkasse ließe sich auch ein bundesweiter Entschädigungsfonds einrichten, dem die Futtermittelhersteller angehören müssen. Da die Betriebe des Biolandbaus wegen strenger Futterkontrollen nicht betroffen sind, wird deren verbraucherfreundliche Wirtschaftsweise angesichts des aktuellen Dioxin-Skandals voll bestätigt. Aber auch über den konventionellen Landbau lassen sich Wege aus dem Giftdilemma finden, ,jedenfalls bei der großen Mehrheit aller Betriebe, bei denen keine Schadstoff-Überschreitungen festgestellt worden sind.

Eine Möglichkeit wäre, so das NaturschutzForum, den Direkteinkauf bei Betrieben über deren Hofläden zu steigern, die eigenes Futter herstellen oder solches aus kontrolliertem Anbau beziehen. Das Fleisch von Tieren aus biologischem Anbau ist teurer, aber das ließe sich über Tage ohne Fleisch oder mit geringeren Fleischverzehr über Eintöpfe etc. auffangen. Bauern bieten über den Landhandel auch selbst eingekochte schmackhafte Speisen aus der eigenen Produktion an – von Kartoffelsuppe und Kohl über Klöpse bis hin zu Rouladen – das ist sehr zu empfehlen, auch, wenn Gäste bewirtet werden sollen. Naturschutzverbände wie die BSH haben sich schon vor Jahrzehnten stark engagiert bei der Gründung von Biofleischereien. Auch diese garantieren faire Angebote aus landwirtschaftlichen Betrieben der Umgebung. Verbraucher sollten sich stets erkundigen, wo und wie die Tiere gehalten, geschlachtet und verarbeitet wurden, deren Produkte man kaufen möchte.
Weitere Informationen:

Ökologisch wirtschaftende Betriebe und ihre Produkte (Listen des Biolandbaus / der Landwirtschaftskammern)

Der Preis fürs Fleisch – Wer (zu) viel Fleisch isst, schadet sich und der Natur!- BSH-flyer

Weitere Mitteilungen zum Thema siehe www.bsh-natur.de

Dr. Remmer Akkermann